Da kam eines Tages ein Keithley 485 Picoamperemeter, sogar mit IEC-Bus, des Weges gelaufen, und schnapp! hatte es einen neuen Arbeitsplatz. Nun mißt man ja nicht jeden Tag so ein Picoampere – äh Moment einmal, da steht ja eigentlich nur was von 2 Nanoampere über dem Knopf ganz links …?!?
Naja, das 485 hat eine Auflösung von 4½ Stellen = 19999, im kleinsten Bereich sind das wirklich nur mehr 100 fA (0,1 pA) an der letzten Stelle. Aber wieviel bleibt davon wirklich übrig nach Abzug des Marketingfaktors?
Also her mit einer Aufgabe. Der Durchlaßstrom durch eine Halbleiterdiode folgt ja bekanntermaßen einer Exponentialfunktion I = I0 * (e U / UT -1), bei kleinen Spannungen fließen also extrem kleine Ströme.
Mit einem rechnersteuerbaren Netzgerät und einem Vorwiderstand wurde also flugs die Kennlinie einer roten LED aufgenommen. Um keine störenden Kriechströme mitzumessen, wird die Diode frei an Krokoklemmen in der Luft stehend vermessen, mit Lichtschutz oben drüber. In weiser Voraussicht mittelt das Programm mehrere Meßwerte (und verwirft negative Mittelwerte).
Eine Exponentialfunktion kommt irgendwie schon heraus, bloß, unter etwa 10 nA fällt der Strom nie … so einfach drauflos messen geht in diesen Bereichen offenbar nicht mehr.
Also bauen wir einen ordentlichen Testadapter auf. Weißblechgehäuse, teflonisolierte BNC-Buchsen und Koaxkabel an den empfindlichen Stellen, Abschirmung getrennt von Minuspol usw.
Das Programm wird auch noch smarter, mittelt bei kleinen Strömen mehr Werte und subtrahiert den mit abgeschalteter Eingangsspannung gemessenen Offset. Die Ausgabe kommt jetzt auf einen Plotter. (Der Rechner ist übrigens ein HP-86 von ca. 1982 mit rasanten 0,625 MHz Takt, der Plotter fährt noch mit Stiften über Papier. Retro rocks!)
Und siehe da, der Aufwand lohnt – jetzt kommen sinnvolle Ergebnisse bis hinunter zu etwa 0,5 pA heraus. Zur Verdeutlichung: Das sind nur mehr ca. 3 Millionen Elektronen pro Sekunde, die sich über ihre Marschrichtung einig sind …
Vermessen wurden:
Kennlinien (auch als high res PDF)
Die Kennlinien werden halblogarithmisch dargestellt, X-Achse = Spannung, linear, von 0 – 3 Volt, Y-Achse = Strom logarithmisch von 10-12A (1 pA) bis 10-3A (1 mA), d.h. 6 Dekaden.
Eine ideale exponentielle Kennlinie wird daher als Gerade abgebildet, eine lineare (ohmscher Widerstand) als logarithmische Kurve, wie man am 1 GΩ-Widerstand schön sieht.
Offenbar haben die OA81 und (in geringerem Maß) die BAT41 also einen nennenswerten Serienwiderstand.
Die «schönsten» Kennlinien, also die geringsten Abweichungen von der idealen Exponentialfunktion, zeigen der Kleinsignaltransistor BC337, der FET BF245, die Infrarotdiode, der Optokoppler und die zweite blaue LED.
Aus den Kennlinien können wir weiters schließen, daß der Optokoppler eine IR-LED enthält. Die blaue LED (1) ist offenbar eng mit der weißen LED verwandt, während die beiden blauen LEDs offenbar aus verschiedenen Materialien bestehen!
«Erst ab einer Spannung von etwa 0,4 V beginnt bei Si-Dioden der Strom merklich anzusteigen. Ab etwa 0,6 V bis 0,7 V nimmt dann der Strom stark zu [...]» (Wikipedia)
So beschränkt sieht es jedenfalls jemand, der sein Amperemeter fix im 1 mA-Bereich betreibt und eine «dicke» Diode wie die 1N4006 betrachtet. Aber …
Die genannte 1N4006 «zieht» bei 0,5 V etwa 0,15 mA — der BF256 als Diode, auch aus Silizium, nur etwa 0,2 μA!
Wenn man also zwei antiparallele 1N4006 zum Schutz eines Einganges verwendet, und von der alten Faustregel von 0,6 V «Schwellenspannung» ausgeht, kann man u.U. sein blaues Wunder erleben. Nehmen wir einen Innenwiderstand der Quelle von nur 10 kΩ an, und eine Signalspannung von 0,4 Volt (nach der Faustregel also im «sicheren» Bereich), dann fließen durch die Diode schon an die 10 μA, und am Innenwiderstand entsteht durch diesen Strom ein Spannungsabfall von 100 mV. Die Diode sorgt also für einen Fehler von 25% bzw. entsprechende nichtlineare Verzerrungen (Intermodulation).
… besteht aus Leuchtdioden! Schon durch eine simple rote LED fließen bei 1 V weniger als 0,1 nA! Allerdings muß man Lichteintritt zuverlässig verhindern. Bei der Messung der IR-Diode beispielsweise war das geschlossene Blechgehäuse nicht lichtdicht genug, und mußte in eine schwarze Hülle gesteckt werden. Es gibt aber fertig lichtdicht verpackte IR-LEDs. Wer es nicht glaubt, schaut unter «Optokoppler» in den Katalog … 10 nA bei 1 V ist um Größenordnungen weniger als bei vielen Universal-Si-Dioden. Gleichzeitig bekommt man eine elegante Überlastanzeige – wenn der Ausgang durchschaltet, liegt zuviel Signal am Eingang an. Falls die Kapazität der LED zu hoch für die Anwendung ist, kann man noch eine Schottkydiode dazwischenschalten.
Der nette 7-dekadige
Logarithmierer von Acharya und Aggarwal wird mit einer der beiden vermessenen LED-Typen wunderbar
funktionieren, mit der anderen würde er Fehler von mehr als einer Dekade produzieren.
Caveat lucifer